Paula e.V. ist eine Beratungsstelle für Frauen ab 60 Jahren, die Gewalt und Traumatisierung erfahren haben und sich heute noch damit belastet fühlen. Martina Böhmer, eine der Gründerinnen dieses Vereins, hatte bereits während ihrer Berufstätigkeit als Altenpflegerin Zusammenhänge zwischen Gewalterlebnissen und Demenzsymptomen bei Heimbewohnerinnen beobachtet. Sie fragte sich zum Beispiel, warum eine alte Frau, die sich ihr gegenüber unauffällig und normal verhielt, regelrecht panisch reagierte, wenn ihr Kollege das Zimmer betrat. Es konnte nicht an diesem Pfleger liegen, der ihr mit Sicherheit nichts böses angetan hatte. Vielmehr war davon auszugehen, dass die Frau beim Anblick des Pflegers an eine schlimme Erfahung mit einem ählich aussehenden Mann erinnert wurde. Offenbar hatte sie die Erfahrung verdrängt, weil sie zu schrecklich war. Beim Anblick dieses Pflegers, der sie dann auch noch anzufassen versucht, kommt die frühere Angst wieder hoch. Da sie keine bewusste Erinnerung an das verdrängte Ereignis hat, kann sie selbst auf Nachfrage nicht erklären, warum sie derart heftig auf den Pfleger reagiert.
Sensibilisiert für dieses Thema, suchte Martina Böhmer nach Literatur und Studien, die sich mit Gewalterfahrungen und Traumatisierung von Frauen in den Kriegszeiten befasst haben. Schließlich schrieb sie selbst ein Buch: Erfahrungen sexualisierter Gewalt in der Lebensgeschichte alter Frauen, das bis heute nichts an Aktualität verloren hat. „Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist in den letzten Jahren immer mehr zum öffentlichen Thema geworden. Die heute 80- bis 100jährigen Frauen sprechen nur selten über solche Erfahrungen. Viele Verhaltensweisen, Reaktionen und Botschaften von Frauen in der Altenarbeit lassen jedoch erahnen, was ihnen geschehen sein mag. Traumatisierende Erfahrungen wie Vergewaltigungen in der Ehe, Zwangsprostitution, frauenspezifische Kriegserlebnisse und auch „alltägliche“ sexualisierte Gewalt wurden möglicherweise nie thematisiert oder aufgearbeitet. Aufgrund ihrer praktischen Erfahrungen in der Altenarbeit und einer differenzierten Pflegediagnose fordert die Autorin ein anderes Verständnis für und ein anderes Umgehen mit alten Frauen – insbesondere in Pflegesituationen.“
Nicht zuletzt ist es Martina Böhmer zu verdanken, dass die Fachwelt dem Zusammenhang Gewalterlebnisse und Trauma im Bezug auf Demenz größere Aufmerksamkeit schenkt. Allerdings fehlt es an passenden Hilfsangeboten für betroffene Frauen. So entstand die Idee, in Köln eine Beratungsstelle mit diesem Schwerpunkt zu gründen. „Seit Ende 2008 erarbeiteten Martina Böhmer, Lisa Schulte und Karin Griese ein erstes Konzept und gründeten schließlich 2010 gemeinsam mit anderen interessierten Frauen den Verein Paula e.V.“
Traumasensible Unterstützung für alte Frauen, bietet das 2016 erschienene Buch: Ich fühle mich zum ersten Mal lebendig. Ein Buch das vor allem durch die Fallberichte überzeugt und zum festen Bestandteil der Aus- Fort und Weiterbildung zum Thema Demenz werden sollte.
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