Demenzkranke bringt „Polin“ deutsch bei

Elvira O., verfügt wieder über eine EC Karte und kann es kaum fassen, selbst Geld abheben und in die Hand nehmen zu können. Für eine Frau, der alles genommen und jede Fähigkeit abgesprochen wurde, ein starker Moment.

Die Geschichte der Elvira O. ist unser jüngster Fall, an dem die fatale Wirkung der Diagnose Demenz gezeigt werden kann.  Zwar wurde ihr während eines Krankenhausaufenthaltes Anfang 2020 nur eine beginnende bis mittelgradige Demenz zugeschrieben, aber damit war die 88jährige in den Augen ihrer Berufsbetreuerin und des Heimpersonals eine alte Frau, die nicht mehr gefragt werden musste.  Ihr Schicksal schien im Juli 2020 besiegelt, nachdem die Betreuerin ihr mitgeteilt hatte, sie können nicht mehr nach Hause. Ihr neues zu Hause sei jetzt das Heim. Konkret, ein Doppelzimmer in einer hochtrabend als Seniorenresidenz bezeichneten Einrichtung.  Ihre Zimmergenossin, eine bettlägerige, hochaltrige Frau, die nicht ansprechbar war, sondern meist mit leerem Blick in eine Ecke des Zimmer starrte und sich ansonsten durch unwillkürlich ausgestoßene Laute bemerkbar machte.  Auch nachts habe diese Frau oft so laut gestönt, dass Elvira O. wach wurde und nicht wieder einschlafen konnte.

Dank des großartigen Einsatzes ihrer Töchter, die sich an die Pflegeethik Initiative gewandt hatten, gelang es ihr jedoch der Fremdherrschaft zu entfliehen.  Seit Februar lebt die 7 fache Mutter und 13 fache Großmutter nun wieder in ihrem Zuhause.  Während sie im Heim entweder im Bett lag oder im Rollstuhl saß und als Vollpflegefall galt (Pflegegrad 5), bewegt sie sich jetzt wieder überwiegend auf ihren zwei Beinen durch die Wohnung.  Auch im Kopf scheint vieles wieder zu funktionieren.  Sie habe ihren Humor und die alte Schlagfertigkeit wieder gefunden, erklärte die Tochter.  Damit Tag und Nacht jemand in der Nähe ist, falls sie Hilfe braucht, hatten die Kinder über eine Pflegeagentur eine „Polin“ besorgt.  Marzena, so heißt ihre 24-Stunden-Hilfe, war zwar schon mehrmals in Deutschland eingesetzt, spricht jedoch kaum ein Wort, geschweige denn ganze Sätze.  Anfangs waren die Töchter darum etwas in Sorge. Bis sie feststellten, dass ihre Mutter es sich zur Aufgabe gemacht hatte, Marzena deutsch beizubringen. Sie macht das mit dem ihr eigenen Humor, so dass beide großen Spaß daran haben.

Bei meinem Besuch Anfang Mai konnte ich mich selbst davon überzeugen, dass Frau O. in der Lage war sich an der Unterhaltung mit den Töchtern und mir zu beteiligen. Sie strahlte und bedankte sich immer wieder, für die Rettung aus diesem Heim. Dass sie das nochmal erleben würde, daran hatte sie nicht mehr geglaubt.

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