Demenzrisiko: Medikamentöse Behandlungspraxis – Polypharmazie

Alte Menschen haben oft nur noch Arzttermine in ihrem Leben.  In den Praxen von Allgemeinmedizinern, Internisten, Neurologen, Urologen etc.  sind Patienten unter 50 Ausnahmeerscheinungen. Oft  handelt es sich bei den jüngeren um Töchter, mitunter auch Söhne, die ihre betagte Mutter, den Vater zum Arzt begleiten.  Der Arzt erkundigt sich freundlich nach den Beschwerden, untersucht den Patienten, veranlasst ggf. Labortests, EGK, Röntgen und anderes,  oder stellt direkt ein Rezept aus.  Durchschnittlich fünf Minuten dauert der Kontakt eines Kassenpatienten mit dem Arzt, alles weitere erledigen versierte Sprechstundenhilfen.   Patienten mit einem festen Hausarzt, der ihre Geschichte und Medikation kennt, laufen weniger Gefahr bei jedem Besuch ein zusätzliches Medikament verschrieben zu bekommen.  Aber auch hier ist kritisches Mitdenken angebracht.  Alleine der Schnelldurchlauf in den Praxen und Krankenhäusern, kann als eine Ursache für Demenz ausgemacht werden.  Allenfalls in Ausnahmefällen nimmt sich der Arzt die nötige Zeit um herauszufinden, was zum Beispiel den Blutdruck in die Höhe treibt oder die Ruhelosigkeit auslösen könnte.   Geschweige denn, dass es Ärzte als ihre Aufgabe ansehen, sich um die krankmachenden äußeren Umstände zu kümmern.  Außerdem zählt das nicht zu den Leistungen die die Kassen zahlen.
Das folgende Beispiel verdeutlicht die Auswirkungen der hier skizzierten Behandlungspraxis:

Herr P (86 Jahre)

„Mein Mann baut immer mehr ab. Vor einem halben Jahr merkte er noch wenn er aufs Klo musste und kam dort auch alleine zurecht.  Jetzt trägt er Windeln und merkt nicht einmal mehr, wenn diese voll sind.  Tagsüber sitzt nur noch in seinem Sessel und döst vor sich hin.  Nachts liegt er dann oft wach  und reagiert ungehalten.   Alleine bekomme ich ihn kaum noch hoch. Sein Gang ist so unsicher, dass ich  Angst habe er fällt mir hin, wenn wir ein paar Schritte gehen.  … Nein, dement ist er eigentlich nicht, auch wenn er vieles  sofort wieder vergisst und sich für nichts mehr interessiert. ….Am meisten stört mich  seine Übellaunigkeit. Richtig aggressiv kann er werden, wenn ich nicht sofort losspringe und ihm bringe, was er verlangt.  Der Arzt meint, dass er vielleicht Parkinson  hat, weil er so zittrig und unsicher bei den Bewegungen geworden ist.  Ich vermute eher, dass es an den Medikamenten liegt.  Eigentlich fing alles an mit einem schweren Angina Pectoris-Anfall vor 8 Jahren.  Aber seitdem geht es zusehends bergab.  Obwohl er doch die ganzen Medikamente bekommt, haben die Anfälle stark zugenommen.  Ich hab im letzten Monat zweimal den Notarzt gerufen, weil ich dachte er stirbt mir.“ Erklärte Frau P. Sie hatte mich angerufen weil sie wissen wollte, ob sie eine Pflegestufe beantragen kann.  Bereitwillig listete sie die Medikamente auf:  Medikamentenanordnung Herr P

Eigentlich sollte jeder Patient erwarten können,  dass ein Medikament abgesetzt wird, wenn die erhoffte Wirkung nicht eintritt, spätestens jedoch, wenn sich die Beschwerden unter der Therapie verstärken und die in den  Nebenwirkungen beschriebene Symptomatik hervortritt.  Stattdessen wurden zusätzliche Mittel angeordnet, die weitere Beschwerden verursachten und den von der Ehefrau beschriebnen Zustand erklärbar machen.

In jeder Arzneiwerbung müssen wir uns den Spruch anhören: „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt und Apotheker“.  Was jedoch ist mit den Wechselwirkungen?  Im Internet bietet die Apothekenumschau neben allgemeinen Informationen zu Medikamenten, einen Wechselwirkungs-Check, der im vorgenannten Falle des Herrn P schon bei den ersten vier Medikamenten Warnhinweise gab.  Weitere Medikamente konnten nicht eingegeben werden.

Mein Rat, den Arzt zu wechseln oder ihren Mann in einer Klinik medikamentös entgiften zu lassen, stellte sich als wenig realistisch heraus. Herr P sei bei Fachärzten gewesen, sei sogar mehrmals stationär aufgenommen worden, nach einer Notfallattake.   Alle hätte versucht wieder ein neues Medikament bei ihm auszuprobieren.   Ärzte und Kliniken, die sich auf die Entgiftung solcher Fälle spezialisiert haben, gibt es schlicht nicht.  Sie wären jedoch dringend notwendig, angesichts der Krankheitszustände in die arztgläubige Senioren hineintherapiert werden.   Auch die besorgte Anruferin wollte nichts auf den Hausarzt kommen lassen,  der sei immer sehr freundlich und würde sogar in der Nacht kommen, wenn sie ihn ruft.

Alte Menschen vertrauen den Ärzten oft blind.  Sie wollen sich durch die Auflistungen unerwünschter Wirkungen in den Beipackzetteln nicht verunsichern lassen.   Manche entscheiden nach Gefühl und lassen einfach  Tabletten weg oder verändern die Dosis:  „Gestern war mir so schlecht, dass ich nichts essen konnte und auch keine Tabletten genommen habe.  Heute geht es wieder besser. Aber ich glaube ich lasse die Tabletten noch weg. Mein Magen muss sich erst einmal erholen.“, so oder ähnlich helfen sich vermutlich viele Patienten selbst und verhindern damit schlimmeres.

Lesen Sie hier den Erfahrungsbericht von Heidi S. aus Dresden, die es nicht verhindern konnte, dass ihre Mutter – nachdem es ihr ohne Medikamente wieder richtig gut ging – von den ihr verordneten Medikamenten zu Grunde gerichtet wurde.

Mehr als 200.000 Krankenhauseinweisungen  hierzulande werden durch Arzneimittelvergiftungen verursacht, so die vorsichtige Schätzung von Krankenkassen. Schon in den 90iger Jahren wies der Pharmakologe, Prof. Peter Schönhöfer, auf die gefährlichen Verordnungen gerade in der Altersmedizin hin.  Wie er, warnt auch Prof. Gerd Glaeske vor falschen Versprechungen der Pharmaindustrie, denen die Ärzte und Patienten allzuleicht zum Opfer fallen.  Jährlich weist der von Glaeske mit herausgegebene Arzneimittel-Report der Barmer GEK, Rekordzuwächse an Verordnungen auf.  Zwei-Drittel betreffen Menschen im Rentenalter.

Es muss vermutet werden, dass  mehr Menschen durch die Medizin erkranken und versterben, als geheilt werden.

Neben den verordneten werden gerne auch nicht verordnungspflichtige Mittel ausprobiert.  In jedem Seniorenhaushalt dürfte es mindestens eine Schublade geben, die angefüllt ist mit Pillenschachteln.  Zwar weiss inzwischen jeder Apothekenkunde, dass  die Restbestände abgesetzter Medikamente von der Apotheke zurückgenommen werden, jedoch in der Haltung, nichts wegzugeben was vielleicht noch gebraucht werden könnte, bleiben diese erst einmal in der Schublade liegen.  Nicht wenige versuchen es auch mit Selbstmedikationen, im Sinne von:  Ich kann doch nicht jedes Mal zum Arzt rennen, wenn es wieder an einer Stelle zwackt. Also schau ich meinen Medizinschrank durch und suche mir selbst ein Medikament, das von der Beschreibung her passen könnte. Wenn es hilft nehme ich es eine zeitlang weiter, wenn nicht, lasse ich es wieder weg.  Die am häufigsten eingenommenen, nicht rezeptpflichtigen Mittel sind Aspirin und Pracetamol. Sie wirken meist rasch gegen Kopfschmerzen, Erkältungszeichen und andere Schmerzen.  Zur Information über Risiken und Nebenwirkungen sei die  Dokumentation Mythos Aspirin empfohlen.  Seit einigen Jahren wird älteren Patienten der Wirkstoff im Aspirin, die Acetylsalicylsäure (ASS),  zur Vorbeugung vor Herzinfarkt und Schlaganfall, als Dauermedikament verordnet.

Zur Standardmedizin bei Patienten mit erhöhtem Cholesterinwert, gehören Cholesterinsenker. Diese sind jedoch seit einiger Zeit in Verruf geraten, nicht nur weil ihre Einnahme zu Zwischenfällen führte, sondern auch weil ihr Nutzen in neueren Studien angezweifelt wird.  Mehr noch, Cholesterinsenker werden inzwischen sogar als Risikofaktor für Demenz bezeichnet:

„So unsicher der Nutzen, so problematisch sind zudem die potenziellen Schäden, die durch cholesterinsenkende Arzneimittel verursacht werden können. Denn gerade unser Gehirn braucht Cholesterin, und davon nicht zu knapp. Es ist die Schmiere, die für die notwendige Beweglichkeit der Neuronen sorgt, der Baustoff der Synapsen, also jener Verkehrsknotenpunkte, die überhaupt erst dafür sorgen, dass die Milliarden Nervenzellen im Gehirn sinnvoll in Verbindung treten können. Die Festmasse des Gehirns besteht zu 20 Prozent aus Cholesterin. Wird es diesem System entzogen, leidet schon bald das Gedächtnis.“  Quelle: ARTE  Dokumentation 18.10.2016: Der große Cholesterin Bluff 

Die häufigsten Gesundheitsstörungen alter Menschen die medikamentös behandelt werden

1. Herz-Kreislauf-und Durchblutungsstörungen
Häufigste Diagnose: Bluthochdruck (Hypertonie), den der Patient zwar selbst kaum merkt, dessen medikamentöse Behandlung jedoch zur Vorbeuung von Infarkten, Schlaganfall etc. dringend empfohlen wird.   Häufig findet der Arzt  Herzrhythmusstörungen (Bradycardie, Tachycardie, Vorhofflimmern/-flattern), oft einhergehend mit allgemeiner Leistungsschwäche des Herzens (Herzinsuffizienz) auf Grund von Herzkranzgefäßverengung.   Wenn die Pumpe nicht richtig funktioniert, werden unweigerlich Lunge, Nieren, Gehirn, ja der gesamte Körper in Mitleidenschaft gezogen.  Es kommt zu Stauungen, Zirkulationsstörungen, Mangelversorgung mit Sauerstoff und vielem anderen mehr.  In der medizinischen Therminologie kennt man für jede Auswirkung eine andere  Bezeichnung, die für den Laien  erst einmal übersetzt werden müsste.  Die oben erwähnte Arzthörigkeit hängt wesentlich damit zusammen, dass der Patient sich überhaupt kein Bild von den gestörten Abläufen machen kann und nicht versteht, wie das eine mit dem anderen zusammenhängt.  Bei den üblichen 5 Minuten Visiten werden gerade alte Patienten eher verunsichert und getrauen sich nicht nachzufragen. Man gibt sich zufrieden mit Informationen wie: „Die grüne Tablette für den Blutdruck lassen Sie jetzt bitte weg, stattdessen verschreibe ich Ihnen …….. . Davon nehmen sie morgens eine ganze Tablette und abens eine  halbe. Die Sprechstundenhilfe schreibt ihnen noch auf, wie sie die Medikamente nehmen sollen.“

Mit Abstand die häufigste Verordnung im Seniorenalter sind  Blutdrucksenker:  Betablocker, ACE-Hemmer, Blutgerinnungs-Hemmer (ASS, Cumarine), Diuretika, Herzglykoside.   Wer einmal als „Hypertoniker“ gilt, findet schwer einen Arzt, der sich getraut, die bestehende Medikation abzusetzen.  Dabei sind Blutdruckkrisen in den meisten Fällen psychisch bedingt (essentielle Hypertonie = ohne körperlichen Grund) und könnten folglich durch entsprechende Hilfestellung sogar vollständig überwunden werden.  Psychosoziale  Therapieangebote gehören jedoch nicht zum Standardangebot bei erhöhtem Blutdruck. Kassen übernehmen diese allenfalls  nach Sonderbeantragung und dies auch nur bei jüngeren Patienten.   Die Kassenleistung umfasst die üblichen Medikamenten, weshalb fast immer und ausschließlich diese verordnet werden.   Patienten denen eine Demenz  bescheinigt wird, haben oft lange vorher Betablocker gegen ihren Bluthochdruck erhalten.  Hier stellt sich sogar die Frage, inwieweit unbehandelter Stress  oder die eingesetzten Betablocker Demenz-Symptome herbeiführen.

Gut verständliche Informationen zu den Wirkweisen finden Sie z.B. auf der Seite kardionet.de Dort werden außerdem ursachenbezogene, nicht medikamentöse Therapieansätze angeführt, wie sie  jeder Arzt kennt, jedoch aus Zeitgründen selten berücksichtigt.

2. Schmerzzustände aller Art
An erster Stelle rangieren Kopfschmerzen und Migräne, gefolgt von Gliederschmerzen,  Nacken-/Schulter-/Rückenschmerzen, Arthrose, Arthritis, Rheuma, Osteporose, Nervenschmerzen, Knochenschmerzen, Verspannungen, Magenschmerzen, Bauchschmerzen, Kolliken, Tumorschmerzen, Entzündungsschmerzen etc.
Schmerzen sind immer ein Symptom, das auf eine Störung hinweist. Solange die Störung besteht, treten die Schmerzen auf.
Menschen mit chronischen Schmerzen, die täglich Schmerzmittel  in immer höheren Dosen nehmen, befinden sich permanent in einer Art Betäubungszustand. Nicht nur das Denkvermögen und Reaktionsvermögen, die gesamte Wahrnehmung kann ähnlich stark beeinträchtigt sein wie im Drogenrausch.

Schmerzmittel schalten das körpereigene Warnsystem aus und verhindern eine frühzeitige und vollständige Behebung von Störungen.  Von negativen Wirkungen ist in den Werbespots und Anzeigen der Pharmafirmen nicht die Rede.   Wer sich als SeniorIn mit Schmerzen in den Schultern, dem Knie oder Rücken die täglichen Fernsehwerbungen im Ersten und Zweiten  anschaut, erfährt nur Positives. Strahlende Seniorinnen und Senioren, die glücklich verkünden:  „Dank Voltaren kann ich wieder schritthalten, mit den anderen“.  Mich erinnert das an die HB Werbung in den sechziger Jahren, mit dem Männchen das durch die Decke ging, jedoch dank Zigarette – Marke HB – das Leben wieder entspannt genießen konnte. Heute ist Zigarettenwerbung verboten. Hersteller müssen auf den Packungen vor den Schäden warnen.  Medikamentenwerbung  dominiert hingegen auf allen Kanälen. Der einzige Hinweis auf Gefahren besteht in dem obligatorischen Satz:  Zu Risiken und Nebenwirkungen ………

Der Schmerzmittelkonsum scheint nicht zu stoppen, wie beispielhaft dieser Bericht in Spiegel-Online bestätigt: Deutsche schlucken immer mehr Schmerzmittel.   Die Entwicklung wird längst auch von Fachärzten als  besorgniserregend beschrieben:

Die Menge der in Deutschland pro Jahr konsumierten Analgetika reicht aus, um rechnerisch über 10 Millionen Deutsche ein ganzes Jahr lang mit einer täglichen Dauerversorgung von Schmerzmittel auszustatten. Es wird geschätzt, dass von den rund 30.000 Dialysepatienten circa 20 bis 30% wegen eines zu hohen Schmerzmittelkonsums dialysepflichtig wurden. Schon diese Komplikation inadäquater Schmerzbehandlung belastet die gesetzliche Krankenversicherung jährlich mit rund 300 Millionen Euro   (Quelle: schmerzklinik.de)

Inwieweit eine Langzeiteinnahme von  Schmerzmitteln bleibende Schäden im neuronalen Netzwerk des Gehirns hinterlässt und somit irreversible Demenz-Symptome verursacht, bleibt noch zu untersuchen.   Alle Schmerzmittel wirken im Gehirn.  Sie greifen in die natürlichen Abläufe des Nervensystems ein, blockieren Rezeptoren, verändern die Wahrnehmung – bis hin zur Bewusstlosigkeit und zum kompletten Stillstand (Exitus), bei entsprechend hoher Dosierung.

3. Psychogene oder somatoforme Störungen 
Darunter sind Reaktionen der Psyche auf schwierige Situationen zu verstehen, die neben seelischen auch körperliche Symptome hervorrufen.  Im Grunde betrifft das alle Schmerzzustände, Kreislaufstörungen und andere Beschwerden,  für die keine organische Ursache gefunden wird. Sofern  jüngere Menschen betroffen sind, können diese an Fachärzte oder Kliniken für Psychosomatik verwiesen werden,  wie z.B. die Hardtwaldklinik.  Der  demenzgefährdeten, älteren Generation steht derartiges Therapieangebot bisher nicht  zur Verfügung.   Geht der alte Mensch  mit psychisch bedingten Beschwerden zum Arzt,  erhält er Psychopharmaka.  Vor allem Antidepressiva werden hier großzügig verordnet. Dass diese Stimmungsaufheller in Tablettenform keineswegs ungefährlich sind, erfahren Betroffene mitunter erst nach Notfalleinweisung ins Krankenhaus.   Auch hier spielt die Pharmawerbung eine fatale Rolle.  Sie verspricht Unbeschwertheit  und vertuscht  unerwünschte Wirkungen, wie eine erhöhte Suizidalität; selbst dann noch, wenn diese längst nicht mehr geleugnet werden können, wie  diese ARD-Dokumentation zeigt.  Auf Youtube finden Sie weitere Beispiele und Reportagen zur schädigenden bis tödliche Wirkung von Antidepressiva, die selbst dann auftreten können, wenn diese niedrigst dosiert, genau nach Anordung genommen werden.
Sofern zu Beginn keine direkt sichtbaren Nebenwirkungen auftreten, werden Antidepressiva über längere Zeiträume, oft Jahre angeordnet.  Da fast jeder Mensch Stimmungstiefs erlebt  und die Krankenkassen diese Mittel zahlen, sieht die Pharmabranche einen Markt, der jährliche Umsatzrekorde verspricht.  Die Situation ist hier ähnlich, wie bei der Diagnose Alzheimer. Angefeuert von der Pharmabranche, im Kartell mit Alzheimerärzten und Betroffenenorganisationen, werden immer neue Mittel mit fragwürdigem Wert auf den Markt gebracht.  Wer glaubt, dass in Deutschland nur die Medikamente zugelassen werden, deren Nutzen in unabhängigen Studien nachgewiesen wurde, dem sei diese ZDF-doku empfohlen:  Das Pharma Kartell. 

Dabei liegen die Ursache für Niedergedrücktheit, Schlafstörungen und andere Anzeichen für Depression im Alter, auf der Hand.  Mit ein wenig Einfühlungsvermögen kann jeder nachempfinden, wie sich Menschen fühlen, die  beispielsweise nach dem  Tod des Ehepartners alleine dastehen, in einem zu Ende gehenden Leben.  Wer dann niemanden hat, der ihm Sicherheit gibt, mit dem er über seine Ängste sprechen kann, wird von diesen verfolgt und getrieben. Vor allem nachts, wenn es dunkel und ruhig ist im Haus, kommen „die Gespenster“ hoch. Einschlafen oder Weiterschlafen wird unmöglich. Schlaflosigkeit in der Nacht führt zu Müdigkeit am Tag.  Abgeschlagenheit, Unruhe, Gereiztheit, wechseln sich ab.  Fragen, auf die keine Antworten gefunden werden, geistern durch den Kopf.  Ist niemand aus dem Umfeld greifbar der die Notlage erkennt, der hilft, die umherschwirrenden, unstrukturierten Gedanken  zu sortieren,  kann sich eine heillose  Verwirrung im Gedächtnis entwickeln.  Nachts treiben Angst und Unruhe diese  Alten aus dem Bett.  Tagsüber sind sie dann zu Müde für alles.  Die Ernährung wird vernachlässigt, der Haushalt, die Kleidung.  Alles ist zu viel.  Überall tut etwas weh. Nichts ist in Ordnung.   „Mutter so geht das nicht weiter, du musst zum Arzt“, erklärt die besorgte Tochter.  Sie hat sich extra freigenommen, sitzt mit ihr im Wartezimmer und erzält dem Arzt wie sie die Veränderung erlebt. Der Arzt kennt  solche Fälle zu genüge. Er weiß im Grunde auch, was der Frau fehlt, gibt vielleicht einpaar Tipps zur Abhilfe.  Am Ende verschreibt er jedoch ein aus seiner Sicht bewährtes Schlafmittel und/oder ein Beruhigungsmittel (meist ein Neuroleptikum) sowie oft gleichzeitig ein Antidepressivum.

Obwohl alle wissen, dass Zuwendung das Problem beheben könnte,  werden Medikamente eingesetzt die weitere Probleme schaffen.

Zu den gefährlichsten Mitteln, die in Fällen wie oben beschrieben verordnet werden,  gehören  Neuroleptika.  Denn diese blockieren die Seele und hinterlassen auf Dauer nicht wieder gut zu machende Schäden. Sie können den Menschen auch äußerlich entstellen.  Neuroleptika verändern die Wahrnehmung, die Haltung, das Verhalten, das Denken und Fühlen, also alles was den Menschen als Individuum und Person ausmacht.  Seit es üblich ist, verwirrte, alte Menschen mit Neuroleptika gefügig zu machen,  erleben wir die fürchterlichen  Bilder von Menschen in den Endstadien der Demenz.  Selbst wenn Neuroleptika längst nicht mehr verordnet sind, kehrt der Eigenantrieb nicht wieder zurück. Oft bewegen sich die Betroffenen in stereotypen Mustern, ohne auf ihre Umgebung zu achten. Ihr Blick geht ins Leere.   Von der Person, die sie einmal waren ist kaum noch etwas zu erkennen.  Angehörige, die diese Behandlungspraxis  nicht verhindern konnten und miterleben mussten, wie die Mutter, die Schwester, die Ehefrau, der Mann zugerichtet wurde, sind fassungslos.  „Wie kann man das einem Menschen antun? In welcher Welt leben wir denn hier? Das ist ja schlimmer als Folter!“, höre ich sie klagen.  Ich kann diesen Angehörigen nur beipflichten.   Was hier als medizinischer Standard praktiziert wird, schreit zum Himmel: 
Hoer-auf-zu-schreien-sonst-kann-ich-dir-nicht-helfen

Wie Neuroleptika wirken, erfahren Sie in diesem Filmbeitrag, aus der Sicht von Betroffenen, die es schafften sich von dieser Fesselung zu befreien.

Zur Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen der in diesem Fällen üblicherweise eingesetzten Mittel, empfehle ich den Bericht einer Tochter aus Dresden, die intuitiv alle Medikamente bei ihrer Mutter abgesetzt hatte. Weitere Berichte finden Sie an verschiedenen Stellen auf den Internetseiten der Pflegeethik Initiative.

In ungezählten Fällen, dürften am Anfang einer Demenzkarriere, Schlaftabletten und andere Beruhigungsmittel stehen. Damit befasst sich auch dieser Beitrag:   Alzheimer, ein vermeidbares Schicksal, der 2003 veröffentlich wurde.  Daraufhin hatte sich Prof. Joachim Bauer bei mir gemeldet und von seiner Studie berichtet, die meine Beobachtungen und Thesen bestätigen.

4. Stoffwechselstörungen und gestörte Magen-Darmfunktion 
Darunter fallen vor allem: Diabetes Typ II,  Schilddrüsenüber-/unterfunktion (Hyperthyreose, Hypothyreose), Leber-Gallenerkrankungen, Sodbrennen, Reizungen im Magen-Darmbereich,  Übelkeit, Völlegefühl,  Bauchschmerzen, Verstopfung, Durchfall etc.
Der sogenannte Altersdiabetes (Typ II) führt etwa jeden fünften Senior regelmäßig zum Arzt. Dieser bemüht sich darum die Medikamente so zu dosieren, dass der Blutzuckerspiegel im Normbereich liegt.  Ein zu hoher oder zu niedriger Blutzuckerspiegel macht sich unter anderem bemerkbar, durch Symptome, die bei alten Menschen als demenzielle Veränderung  gedeutet werden können.  Gleiches gilt für Schilddrüsenüber-/unterfunktion. Schilddrüsenpräparate stehen sogar an dritter Stelle der Medikamente in der Altersmedizin, noch vor den Antidiabetika und Mitteln zur Senkung erhöhter Blutfette (Lipidsenker).  Auch die Symptombilder von Hypo-/Hyperthyreose können leicht als Depression oder auch Demenz fehlgedeutet werden.  So macht sich eine Unterfunktion bemerkbar durch Verlangsamung im Denken, in den Bewegungen, Antriebsarmut, Gedächtsnisschwäche, Missmutigkeit, Schwächegefühl u.ä. . Während bei Schlafstörungen, Unruhe, Überdrehtheit, Zerstreutheit, Verwirrtheit, Gewichtsverlust etc.  immer auch an eine Überfunktion der Schilddrüse gedacht werden sollte, oder an eine Überdosierung des Schilddrüsenmedikmentes, das bei Unterfunktion verordnet wurde.

Auch Lebererkrankungen schlagen aufs Gemüt. Müdigkeit gilt als Schmerz der Leber.  Kraftlosigkeit, Missmutigkeit, Gleichgültigkeit, Verwirrtheit, Wahnvorstellungen, Stumpfsinnigkeit bis hin zur völligen Apathie und Coma, sind je nach Schwere der Leberschädigung  zu beobachten.  Hier sollte man außerdem bedenken, dass die Leber  häufig durch Medikamentenkonsum geschädigt wird, häufiger vermutlich wie durch Alkohol oder fettes Essen.  Da fast jeder Wirkstoff  das körperinnere Chemilabor-Leber passiert, findet man in den Beipackzetteln regelmäßig entsprechende Angaben bei den unerwünschten Wirkungen sowie Warnhinweise für die Verordnung bei erhöhten Leberwerten.

Oft endet die Polypharmazie wenn die Leber ihren Dienst versagt.  Manche Patienten, die durch den sorglosen Einsatz zu vieler Medikamente an den Rand des Todes gebracht wurden, erholen sich regelrecht, wenn alles abgesetzt ist. Mehrfach konnte ich erleben, wie das Leben zurückkehrte in Patienten, nachdem die gesamte Mixtur abgesetzt und nur noch neutrale Flüssigkeit infundiert wurde.  Sie  kamen wieder auf die Beine, merkten wieder wenn sie zur Toilette mussten und wurden zusehens klarer im Kopf.

Es würde zu weit führen, alle denkbaren  Medikationskonstellationen aufzuzeigen.  Vielmehr möchte ich betonen, dass es für keine  der üblichen und möglichen Konstellationen wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise gibt.  Denn die Ergebnisqualität von Medikamentenverordnungen wird nirgendwo systematisch erfasst und ausgewertet.  Jeder  approbierte Arzt kann Wirkstoffe nach eigenem Gutdünken zusammenmixen, ohne Rechenschaft ablegen zu müssen, wenn sein Patient dieses Experiment nicht überlebt. Risiken und Nebenwirkung trägt alleine der Patient.

Heilsame Veröffentlichungen zum Thema

An dieser Stelle sei ein weiteres Buch von Cornela Stolze empfohlen, Krank durch Medikamente.    Ihre Ausführungen zu den tatsächlichen Nebenwirkungen medikamentöser Behandlungspraxis beruhen auf fundierter Recherche.  In diesem Buch werden die häufig verordneten Wirkstoffe nicht zuletzt auch dahingehende bewertet, inwieweit sie Demenz-Symptome auslösen oder verstärken.

Soweit gehen die Ärzte im Filmbeitrag  Krank durch zu viele Pillen zwar nicht, aber dennoch legt auch dieser Beitrag nahe, dass die schädlichen Wirkungen der Medikamente, die gerade bei alten Menschen zum Einsatz kommen,  Konsequenzen haben müsste.

Polypharmakotherapie im Alter: Weniger Medikamente sind oft mehr.   Ein bemerkenswert kritischer Beitrag in der Deutschen Ärztezeitung. Die eigentlichen Ursachen werden jedoch ebensowenig  angesprochen, wie die gesundheitsschädigende Wirkung. Darum sei hier nochmals betont:  Kein  Arzt und Apotheker kann Wechselwirkungen wirklich  beurteilen,  da diese bei Medikamentenstudien nicht getestet werden.   Von einer wissenschaftlich fundierten Behandlung kann bei Polypharmazie  in keinem Falle die Rede sein.   Durch diese Medizin  werden nicht nur chronisch Kranke erzeugt, sondern alte Menschen in die Pflegebedürftigkeit hineintherapapiert.  Nach meiner Einschätzung dürfte dies auf wenigstens 60 Prozent unserer Langzeitpflegebedürftigen zutreffen. Sie wurden Opfer einer Medizin, die am Symptom kurriert und auf Medikamente setzt wo Verständnis und Zuwendung helfen würde.

Sehr aufschlussreich und sehenswert dieser Beitrag auf ARTE: Wie Krankheiten erfunden werden

Auswege:  Es geht auch anders !

Als junge Krankenschwester (1973-1976) arbeitete ich auf der Inneren Abteilung eines Allgemeinkrankenhauses. Der damalige Chefarzt, Dr. Carlow, hätte im oben stehenden Falle  des Herrn P höchstwahrscheinlich alle  Medikamente abgesetzt. Kontrolliert über mehrere Tage, um zu schauen, wie sich die Werte und das Befinden dabei entwickeln.  „Wir müssen erst erst einmal schauen, welche Mittel  Sie wirklich brauchen und welche mehr Schaden anrichten.“, erklärte er in ähnlichen Fällen seinen Patienten.  Sofern der Patient Bedenken hatte, weil er beispielsweise dachte  ohne das Blutdruckmittel  gar nicht leben zu können, setzte Dr. Carlow stattdessen nicht selten ein Placebo ein.  Auch dies oft mit verblüffendem Erfolg.  Sogar bei Blutdruckmitteln, die über Jahre genommen wurden, konnte ein Scheinmedikament den Blutdruck stabil halten, vorausgesetzt er bzw. der Stationsarzt konnte den Patienten bei der Visite davon überzeugen, dass dieses „neue Mittel“ ebensogut wirkt aber besser verträglich ist.  Es war immer wieder verplüffend zu erfahren, wie Placebos wirken, wenn der Arzt der diese einsetzt das Wirkprinzip der Autosuggestion kennt. „Placebos sind hochwirksam, wenn der Patient sich darauf verlässt, dass sie wirken.  Wir dürfen dem Kranken nichts wegnehmen, von dem er denkt, dass er es braucht, ohne ihm einen gleichwertigen Ersatz zu geben.“ Das ist das A und O, erklärte Carlow seinen Ärzten und den Schwestern:  „Wir belügen den Patienten nicht. Wir bieten ihm eine neuen Wirkstoff an, nämlich die Zuversicht, dass das neue Mittel besser hilft und weniger Nebenwirkungen hat.  Wenn wir das nicht mit der vollen Überzeugung tun, wird sein Blutdruck schon aus Angst steigen.  Sollte das der Fall sein, müssen wir natürlich einen Wirkstoff einsetzen.  Bleibt der Blutdruck stabil, kann man ihm später erklären, aus welchem Grund der Test gemacht wurde und dass er diesen bestanden hat. ….. Vielen Patienten kann man alleine dadurch helfen, die Medikamente, die sie zu Hause gebunkert haben  durchzuforsten und alle auszusortieren, die nicht nachweislich von Nutzen sind.“, so die Haltung dieses Chefarztes.

Passend dazu sei der Film  Die Heilkraft des inneren Arztes  empfohlen, in dem Forscher  der Uni Hamburg Eppendorf  nachweisen konnten, dass Placebos sogar besser wirken können als Schmerzmittel, je nach dem wie der Arzt den Patienten auf die Wirkung vorbereitet.  Insgesamt legt dieser  Film nahe,  dass Ärzte ihr Arztsein neu entdecken sollten.

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