Im Alter droht häufig Vereinsamung und Isolation. Jüngere Familienmitglieder sind berufstätig oder wohnen zu weit weg. Gleichaltrige Weggefährten sind krank, pflegebedürftig oder bereits verstorben. Hauptbegegnungsstätte für Hochbetagte, sofern diese noch im Stande sind ihre Wohnung, ihr Haus zu verlassen, sind Friedhöfe. Dort treffen sie auf Frauen oder Männer ihrer Generation, die am Grab ihres Ehepartners Zwiesprache halten und Trost suchen. Manchmal ergibt sich ein Austausch über die Verstorbenen und darüber, wie jeder mit diesem Verlust klar kommt. Selbsthilfe im Sinne von „geteiltes Leid ist halbes Leid“. Die meisten täglichen Friedhofsbesucher gehen jedoch anschließend in ein Nach-Hause, wo es bestenfalls ein treues, altes Haustier gibt, das auf sie wartet. Sonntags steht dann vielleicht der Kirchenbesuch auf dem Plan. Einmal im Monat bestünde die Möglichkeit zum Seniorencafe zu gehen, das von ehrenamtlichen in der Ortsgemeinde bzw. Kirchengemeinde organisiert wird und wo es für Senioren kostenlos Kaffe und Kuchen gibt.
Wer nicht regelmäßig zu bestimmten Treffpunkten kommt und dort persönliche Ansprechpartner hat, den vermisst keiner, wenn er nicht kommt. So kommt es nicht selten vor, dass sich alleinlebende ältere Mitbürger unbemerkt von ihrem Umfeld, in ihrer Wohnung verwahrlosen. Wenn Nachbarn Allarm schlagen, ist es meist zu spät. Beispielsweise erinnere ich mich an die „Neuaufnahme“ einer alten Frau, die in einem derart verwahrlosten Zustand war, als sie von ihrer Nichte entdeckt wurde, dass wir zwei Pflegekräfte abstellen mussten, die stundenlang damit beschäftigt waren, diese Frau von ihren verdreckten Kleidern zu befreien und zu säubern, damit sie überhaupt ärztlich untersucht und in ein sauberes Bett gelegt werden konnte. Sie hatte sich in den letzten Wochen wohl nur noch von Katzenfutter ernährt, während die Katze halb verwest in einer Kiste vorgefunden wurde. Die Nichte, die einen guten Draht zur Tante hatte, machte sich Vorwürfe, dass sie so lange nicht nach ihr geschaut hat. Ihr sei zwar aufgefallen, dass die Tante am Telefon anders regierte als früher. Es sei alles in Ordnung, sie brauche nicht zu kommen, habe sie erklärt. Vermutlich auch, weil sie wusste das die Nichte mit zwei halbwüchsigen Kindern genug um die Ohren hatte und außerdem eine längere Fahrstrecke zurücklegen musste. Erst nachdem sie nicht mehr ans Telefon ging, sei sie hingefahren. Diese Frau hat das Bewusstsein zwar wieder erlangt, nicht jedoch die Erinnerung an ihr Leben. Sie starb schließlich nach einigen Monaten in einem Zustand völliger Hilflosigkeit.
Ähnliche Fälle dürfte jeder Rettungssanitäter kennen. Immer wieder liest man auch von Feuerwehreinsätzen in Wohnungen von Senioren. Um derartige Entwicklungen zu verhindern, braucht es zugehende Hilfe und Angebote seitens der Kommunen, die weit über Seniorennachmittage bei Kaffe und Kuchen hinausgehen.
Anregungen zur Umgestaltung des Miteinanders in den Gemeinden finden Sie seit 2010 unter dem Arbeitstitel: Gemeindepflegekonzept auf der Seite des Pflege-SHV.
Ansätze in die richtige Richtung werden aktuell in verschiedenen Bundesländern und Städten erprobt.
Hier einige Beispiele privater Initiatoren:
Bürgergemeinschaft Laupheim e.V. – solidarisch altern
Die Kümmerer: Gemeinsam alt werden in der Samtgemeinde Hambergen
Kümmerer-Netzwerk: Nachbarschaftshilfe in den Gemeinden Gangelt, Selftkant und Waldfeucht.
Pilotprojekte einzelner Bundesländer und Gemeinden.
Sozialministerium in Sachsen unterstützt Soziale-Kümmerer
Rheinland-Pfalz startet Pilotprojekt „Gemeindeschwester Plus“ als Hilfestellung für Hochbetagte
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